Handlungsempfehlungen der Frauenkommission AG Senioren Diözese Rottenburg-Stuttgart  
 

Füge deinem Leben nicht nur Jahre zu, sondern füge deinen Jahren auch Leben zu.

Impulse aus dem Ordensleben für Menschen in der Phase des Älterwerdens und für Gesellschaft und Kirche/Kirchengemeinden zum Umgang mit alternden Menschen

Die soziologischen Veränderungen unserer Gesellschaft sind unübersehbar und werden auch in der medialen Öffentlichkeit unter unterschiedlichen Blickwinkeln und aus unterschiedlichen Interessen heraus erörtert. Diese Diskussionen münden oft in mehr oder weniger hilfreichen Entscheidungs- und Handlungsimpulsen.

Die Gemeinschaft der Franziskanerinnen von Reute, Bad Waldsee, hat das Thema „älter werden“  für ihre Schwestern aufgegriffen und in konkrete Schritte und Angebote umgesetzt.
Dieser sensible und wertschätzende Umgang mit älter werdenden Schwestern kann auch anderen Gemeinschaften, Gemeinden und geistlichen Zentren impuls- und ideengebend sein, älteren Menschen einen heilsamen Ort und Rahmen zu bieten, sich selbst in dieser Lebensphase zum Thema zu machen.

Die Vorlagen, die uns das Kloster Reute zur Verfügung gestellt hat, haben wir so aufgegriffen und eingearbeitet, dass die Quelle erkennbar bleibt, aber nun auch für Menschen außerhalb des Klosters ‚sprudelt’. Die Impulsfragen zu den einzelnen Themenfeldern sind auswähl- und z.T. auch austauschbar.

I. Im Blickfeld: Drei Lebensphasen

  • Vorbereitung auf das Älterwerden der/des Einzelnen

Angebote:

  • Tag der Erinnerung und der neuen Ausrichtung

  • Orientierungstage für verschiedene Altersstufen

  • Geistliche Begleitung

  • Vorträge zu bestimmten relevanten Themen:
    z.B. Gesundheit, Bewegung und Ernährung, hormonelle Veränderungen.

2. Begleitung und Hilfestellung in Übergangssituationen

Angebote:

  • Biographie-Arbeit

  • Begleitete Auszeit

  • Geistliche Begleitung

  • Beschäftigungsmöglichkeiten

  • Thematisch gestaltete Besinnungstage

3. Hochbetagte Menschen

Angebote:

  • Gesellig

  • Therapeutisch

  • Religiös

  • Beschäftigungen, je nach Belastungsfähigkeit

 

II. Impulse zum persönlichen Nachdenken und zum Austausch in Gruppen

1. Mein Leben in Beziehung(en)

  • Wie erlebe ich mein Älter werden?

  • Welche Veränderungen nehme ich wahr?

  • Wofür bin ich dankbar?

  • Was bereitet mir Freude?

  • Wie kann ich sie weitergeben?

  • Was regt mich auf?

  • Womit habe ich Probleme?

  • Was macht mir Angst?

  • Welche Hilfe, Verständnis... erwarte ich von meiner Umgebung?

  • Was hilft mir/könnte mir helfen, die derzeitigen Veränderungen anzunehmen?

  • ...

2. Mein religiöses Leben

  • Wie verändert sich meine Beziehung zu Gott?

  • Mit welchen Gefühlen denke ich an ihn?

  • Wie gestalte ich mein geistliches Leben?

  • Welche Gebete, Lieder, Schrifttexte sind mir momentan nahe?
    Gibt es Dinge, von denen ich mich innerlich verabschiedet habe?

  • Gibt es Dinge, die sich meinem Beten, meiner Gottesbeziehung in den Weg stellen? Wie gehe ich mit diesen Schwierigkeiten um?

  • Wohin geht meine Sehnsucht, was würde mir helfen?

  • Was ist jetzt für mich und mein inneres Wachsen wichtig?

  • ...

Mein lieber Herrgott, lehre mich zu altern in Eleganz!

3. Abschied vom Beruf

  • Was sind derzeit meine Aufaben?

  • Wenn ich an die Beendigung meines Berufslebens denke, fühle ich mich...

  • Wenn andere mich auf mein Berufsende ansprechen, fühle ich...

  • Wenn ich zu arbeiten aufgehört habe, werde ich als erstes...

  • Wenn ich an mein Arbeitsende denke, freue ich mich am meisten auf...

  • Wenn ich aufgehört habe zu arbeiten, befürchte ich...

  • Wenn ich nicht mehr arbeite, hoffe ich...

  • Wenn ich nicht mehr arbeite, vermute ich, andere denken von mir... oder erwarten von mir...

  • ...

4. Zeit und Alltag, Freiräume und Freizeit

  • Wie gestaltet sich momentan mein Umgang mit der Zeit?

  • Hat mein Tag eine wohltuende Struktur?

  • Was gibt meinem Alltag jetzt Sinn?

  • Womit bin ich zufrieden?

  • Was macht mich froh?

  • Was fehlt mir?

  • Wo empfinde ich Langeweile? Wozu verleitet sie mich?

  • Wo möchte und könnte ich etwas verändern?

  • Was ist dazu der nächste Schritt?

  • ...

5. Meine Zukunft

  • Was sind derzeit meine Aufgaben?

  • Wie nehme ich meine körperliche und psychische Belastbarkeit wahr?

  • Wie gehe ich mit Schwierigkeiten um? Sehe ich bei Schwierigkeiten eher nur die negative Seite oder bin ich bereit, auch eine Chance darin zu erkennen?

  • Welche Verantwortung kann ich tragen und was sollte/muss ich abgeben?

  • Was könnte mich entlasten und mir helfen?

  • Zur Entlastung für mich selbst und für meine Angehörigen/die Menschen mit denen ich enge Verbindung habe:
    - Welche Fragen sollen gestellt und geklärt werden?
    - Welche Entscheidungen können (zumindest vorläufig) getroffen werden?

  • Welche Erwartungen verbinde ich mit meiner Zukunft?

  • Habe ich noch Träume? Welches Neuland möchte ich gerne (noch) betreten?

  • Welche Schritte kann ich (jetzt) dafür tun?

  • Welche Gaben und Talente habe ich und möchte ich einsetzen?

  • Wie gehe ich mit meiner Lebenserfahrung, meinen Einsichten und mit meinem angesammelten Lebenswissen um?

  • Was ist mein Anteil, damit ich zufrieden alt werden kann?

  • Wie möchte ich sein, wenn ich noch zehn Jahre älter bin?

  • ...

6. Lebensrückblick

  • Wofür lebe ich? Wofür habe ich gelebt?

  • Was war und ist mein Lebensauftrag?

  • Worin sehe ich den Sinn meines bisherigen Lebens?

  • Wer/was hat mich in meinem Leben am meisten geprägt?

  • Welches waren meine wichtigsten Entscheidungen im Leben?

  • Welche innere Haltung hilft mir, die Vergänglichkeit des Lebens anzunehmen?

  • Welche Einstellung habe ich zu meinem eigenen Sterbenmüssen?

  • Welche Dinge haben jetzt für mich einen hohen Stellenwert?

  • Welches sind meine vordringlichsten Interessen?

  • Für wen/wofür möchte setze ich mich heute noch ein? – möchte ich mich einsetzen?

  • Was ist die häufigste Aussage anderer über mich?

  • Worin sehe ich den Unterschied zwischen meinem Selbstbild und dem Bild der anderen von mir?

  • Was ist typisch für mich? Was gehört zu mir?

  • Was hilft mir am ehesten, bei mir selbst zu sein?

  • Woraus lebt mein Selbstvertrauen?

  • Was lässt mein Selbstwertgefühl wachsen?

  • Was ist mein tiefster Wunsch, meine tiefste Sehnsucht?

  • Was freut mich am meisten?

  • Was tue ich am liebsten?

  • ...

7. Sterben und Tod

Das Alter? Ein Schiffbruch – doch was kann schlimm daran sein, wenn Gott der OZEAN ist?

Meine Zeit steht in deinen Händen (Ps,  31, 16 [Lutherübersetzung])
Unsere Tage zu zählen lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz (Ps 90,12)

  • Welche innere Reaktion löst bei mir das Wort „Sterben“ aus (Flucht, Abwehr, Hilflosigkeit, Zulassen können,...)

  • Welche innere Haltung hilft mir, die Vergänglichkeit des Lebens anzunehmen?

  • Welche Einstellung habe ich zu meinem eigenen Sterben müssen?

Das Alter: Lebens-Phase oder Wartesaal des Todes

  • Mit welcher Einstellung und Haltung gehe ich auf die letzte Zeit meines Lebens zu?

Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen (Joh 14,2a)
Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht (Joh 1,18)

  • Welchen Glauben, welche Hoffnung, welche Zweifel verbinde ich mit dem Gedanken an den Tod und dem ‚Danach’?

Verbirg nicht dein Gesicht vor mir; Verstoß mich nicht, verlass mich nicht, du Gott meines Heiles. (aus Ps 27,9)
Zum Paradies mögen Engel dich geleiten (aus der Begräbnisliturgie)

  • Auf der letzten Schwelle: -
    Was wünsche ich mir für meine letzte Stunde?
    Wie wünsche ich mir meine letzte Stunde?

  • Wen wünsche ich mir als Begleiter/in auf meinem letzten Weg?

Nicht ich, sondern Gott vollendet mein Leben -

  • Auf was kann ich dankbar zurückblicken; mit welchen Ungereimtheiten muss/darf ich weiterleben?

Das Zentrale in unserem Glauben: Wandlung.

  • In der letzten Lebensphase können sich neue Erfahrungen der Nähe und auch der Größe Gottes einstellen; bzw. kann sich das Bild eines strafenden und bedrohlichen Gottes wandeln, hin zu einem  barmherzigen und liebenden Gott. Kann ich mich dazu bereit und offen halten?

Inschrift auf einer Friedhofsmauer:
Hier leben viele, die während ihres Lebens meinten, unabkömmlich zu sein.

 

III. Weitere Themen und Impulse für Zusammenkünfte und Veranstaltungen

Ich versöhne mich mit meiner Lebensgeschichte

Ich habe das gleiche Anliegen und Interesse. Komm wir tun uns zusammen!
(Solidarisierung)

Gemeinschaftsleben im Alter

Sterben lernen – Sterben als letzte Herausforderung – Sterben als Heimkehr und Ziel
Ich schreibe meinen eigenen Nachruf
Den Abschied ‚regeln’ (Nachlass, Vollmachten, Wünsche an die Hinterbleibenden, Bestattung...)
Sich auf die Endlichkeit des Lebens einlassen

(Hinweis: Referat von Prof. Dr. theol. Ralf Kunz, Universität Zürich
Prof. Dr. theol. Ralph Kunz ist evangelischer Theologe, 1964 geboren,  und
arbeitet im Zentrum für Gerontologie ZfG an der Universität Zürich.
www.zfg.uzh.ch/static/2004/kunz_praevent.pdf

 

Januar 2009
Margret Kehle
Margret Schäfer-Krebs

 
 

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